Ministerbesuch im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte

Museumsleiter Ens spricht mit Ministerin Kampmann über russlanddeutsche Identität (v. l. Museumspädagoge Heinrich Wiens, Kulturministerin Christine Kampmann, Regierungsvizepräsident Gernot Berghahn, stlv. Bürgermeister Helmut-Volker Schüte, Museumsdirektor Kornelius Ens).

Detmold. Das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte empfing erstmalig die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW. Zentraler Teil des Programms war das Kennenlernen des Museums und die Erörterung der weiteren Beteiligung des Landes an der Museumsarbeit.

Die Ministerin wurde von Vertretern des Museums, der Bezirksregierung und der Stadt Detmold empfangen und begrüßt. Darunter waren unter anderem Kornelius Ens als neuer Museumsdirektor, Regierungsvizepräsident Gernot Berghahn, stellvertretender Bürgermeister Helmut-Volker Schüte und Mitarbeiter und Vorstände des Museums.

Dem „sportlichen Zeitplan“ folgend begann Kornelius Ens die Führung durch das Museum mit den wichtigsten Eckdaten zur Entstehung, Führung, Finanzierung und dem Umfang der Dauerausstellung, die sich auf rund 700qm erstreckt. Klar stellte er auch das vorherrschende Motiv des Museums heraus: „Völker, entsaget dem Hass – versöhnt euch, dienet dem Frieden – baut Brücken zueinander“ – die zentrale Inschrift am Friedland-Mahnmal zur Mahnung, Warnung und zum Dank.

Auf Nachfrage Kampmanns, inwiefern und weshalb Interesse an der Aufarbeitung und Darstellung der russlanddeutschen Geschichte und Kultur bestehe, erklärte Ens, dass vor allem Jugendliche mit russlanddeutschem Hintergrund ihre Identität kaum kennen oder gar für sich reflektieren würden, da es im familiären Rahmen oftmals keine Auseinandersetzung mit der russlanddeutschen Vergangenheit gebe. Und wenn, dann womöglich eine eher einseitige, geprägt von Repressionserlebnissen. Die russlanddeutsche Erinnerungskultur sei größtenteils erst in Deutschland entstanden.

Wichtig sei es Ens bei der Arbeit des Museums herauszustellen, dass es „den Russlanddeutschen“ in einer Homogenität so nicht gebe. Vielmehr bezeichnet er die Bevölkerungsgruppe stets als „sogenannte Russlanddeutsche“, die aus unterschiedlichen Hintergründen stammen und damit eine große Heterogenität aufzeigen würden. Die einzige Gemeinsamkeit, die die meisten Russlanddeutschen hätten, sei die des Kummers über die kommunistische Diktatur und Deportation, welche in besonderer Weise durch eine gleichnamige Statue im unteren Teil des Museums symbolisiert wird.

Laut Ens bemühe sich das Museum außerdem, zum Zentrum für wissenschaftliche Forschung der Russlanddeutschen zu werden. Dies freute Kampmann „denn es ist spannend, die Geschichte der Russlanddeutschen zu entdecken.“

Kampmann zeigte sich vor allem bezüglich der persönlichen Berichte der anwesenden Russlanddeutschen interessiert und stellte mehrere Rückfragen. Besonders die empfundene und die tatsächliche Identität als Russlanddeutscher in Deutschland war ein prägnantes Thema während der Führung. Passend dazu las Ens einen Abschnitt aus dem Buch „Wieviel Heimat braucht der Mensch?“ vor, in der eine Russlanddeutsche ihre Erfahrung beschreibt und das Fazit zieht: „Ich kann nur außerhalb von Deutschland Deutsche sein.“

Zum Ende der Führung wurde nochmals besonderes Augenmerk auf die neue Erweiterung der Dauerausstellung gelegt, welche hauptsächlich vom neuen Sammlungskurator Nico Wiethof zusammengetragen und konzipiert wurde. Darin werden gesondert die Erlebnisse während der kommunistisch motivierten Religionsverfolgung der Russlanddeutschen visualisiert und mittels Plakaten, Exponaten und Dokumenten veranschaulicht. Von besonderem Interesse war an dieser Stelle für Kampmann, inwiefern diese Verfolgung den Glauben der Russlanddeutschen verändert und geprägt hat, und was davon noch bis heute spürbar ist.

Zum Abschluss luden die anwesenden Vertreter des Museums ihre Gäste zum Gespräch bei Kaffee und Kuchen ein. Dabei wurde die Frage nach weiteren Förderungen durch das Land NRW gestellt. Das Gespräch wurde zum Anlass genommen, diese Fragen in Zukunft verstärkt in den Blick zu nehmen und zum Wohle aller Beteiligten, seien es Land, Bund, Kommune oder Museum selbst, zu lösen. Insgesamt zeigte sich die Ministerin Kampmann beeindruckt von der Arbeit des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte und bedankte sich herzlich für den spannenden und lehrreichen Nachmittag.

Bild- und Textquelle: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte