Versandhandel ist keine Alternative

Lage. Mit großem Unverständnis reagiert Dr. Lars Ruwisch, Inhaber der Hirsch- sowie der Ross Apotheke in Lage auf den ergebnislosen Verhandlungsmarathon im Koalitionsausschuss auf Bundesebene. „Leider konnte sich die SPD auch nicht in letzter Minute dazu durchringen, dem Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zuzustimmen“, bedauert Ruwisch. „Damit haben weder die Fakten noch das Wohl der Patienten, die auf eine flächendeckende Versorgung in Stadt und Land angewiesen sind, gesiegt, sondern die Interessen ausländischer Versender. Diese können nun weiterhin auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen Boni gewähren und damit ungestraft die flächendeckende Versorgung gefährden.“

„Bislang mussten sich auch die Versender aus dem Ausland an die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten, da entschied die Qualität der Beratung, wo die Menschen ihre Rezepte eingereicht haben. Und das soll auch in Zukunft wieder so sein“, so Ruwisch, der weiter für das Versandhandelsverbot kämpft und dabei klarstellt, dass nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel davon nicht betroffen wären. Doch „unter den aktuellen Bedingungen ist das deutsche Gesundheitssystem in Gefahr – vor allem in der Fläche.“

Ruwisch erklärt auch, warum: „ Viele der zahlreichen Leistungen der öffentlichen Apotheke wie der Notdienst rund um die Uhr, die Herstellung von Individualrezepturen oder auch die Abgabe von Betäubungsmitteln sind faktisch ein Minus-Geschäft und allesamt Aufgaben, vor denen sich die Versender aus dem Ausland drücken.“ Ruwisch weiter: „Um diese Gemeinwohlpflichten zu finanzieren, die von den Innenstadt-Apothekern genauso erfüllt werden wie von denen auf dem Lande oder in strukturschwachen Stadtrandlagen, brauchen wir die verschreibungspflichtigen Arzneimittel in der Apotheke vor Ort. Das ist eine Art Mischkalkulation.“ Doch diese gerate weiter in Schieflage, wenn die Versender sich die Rosinen rauspickten, die teuren Gemeinwohlaufgaben aber den Vor-Ort-Apotheken überließen. Letztere beschäftigen allein im Kreis Lippe rund 650 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter – in der Mehrzahl Frauen in flexiblen Beschäftigungsmodellen.

Besonders ärgert sich der Apotheker darüber, dass die Bundes-SPD gegen die Interessen der Bundesländer und Kommunen entschieden hat: „Der Bundesrat hatte dem Versandverbot schon im Vorfeld mit großer Mehrheit zugestimmt, und auch die vielen Gespräche auf Bürgermeisterebene lassen keinen Zweifel daran, dass die politischen Entscheidungsgremien, die näher am Bürger sind, sich sehr eindeutig für die Apotheke vor Ort positioniert haben – gerade angesichts der demographischen Entwicklung“, so Ruwisch.

Dennoch werden die Apothekerinnen und Apotheker den Kopf nicht in den Sand stecken und weiter dafür kämpfen, dass die Apotheke vor Ort auch in Zukunft erhalten bleibt. Denn, das weiß Ruwisch mit Bestimmtheit, „die Argumente sind auf unserer Seite. Die Versorgungssicherheit der Patienten muss auch in Zukunft oberstes Gebot in der Gesundheitspolitik bleiben. Dafür werden wir weiter kämpfen. Jetzt erst recht.“

Textquelle: Sebastian Sokolowski, Apothekerkammer Westfalen-Lippe