Lemgo feiert inklusiv

Lemgo. Es war ein gelungenes, gut besuchtes Fest: Mehr als 100 Aktionen und Stände, viel Musik, Unterhaltung und Angebote zum Mitmachen gab es. Sie wurden von jungen Menschen ebenso genutzt wie von Familien und älteren Bürgerinnen und Bürgern. Vom Marktplatz über die Mittelstraße an den Ostertorwall und den Kastanienwall zogen sich die Bühnen, kreativen Stände und Mitmachangebote.

In seiner Predigt auf dem Lemgoer Marktplatz beim ökumenischen Gottesdienst ging Landessuperintendent Dietmar Arends auf das Stadtfestmotto „Wir Menschen sehen alle eine Sonne“ und seinen Urheber Engelbert Kaempfer ein, der im 17. Jahrhundert lebte. Kaempfer war Arzt, Handlungs- und Forschungsreisender. Drei Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges in Lemgo geboren, erlebte er noch dessen verheerende Auswirkungen. Kaempfer erkannte in der Achtung und Wertschätzung der Vielfalt einen Schlüssel für Frieden und Menschlichkeit. Pastor Arends hielt der zahlreich erschienenen Festgemeinde auf dem Marktplatz vor Augen, welche Chancen Vielfalt und Anerkennung eröffnen, welche verschiedenen Gaben jeder Mensch einbringen kann und wie sehr alle Menschen der Wunsch verbindet, angenommen, respektiert und gesehen zu werden.

Auch Jugendliche der Stiftung Eben-Ezer hatten sich Gedanken zu Einheit und Verschiedenheit gemacht und stellten sie dem Stück aus dem Pop-Oratorium Luther„Wir sind Gottes Kinder“ voran. Der Posaunenchor Lemgo und Eben-Ezer, die Solistin Miriam Ludewig und Eben-Ezer Kantorin Anna Ikramova gaben dem Gottesdienst einen festlichen musikalischen Rahmen. Bürgermeister Dr. Reiner Austermann eröffnete nach dem Gottesdienst das Stadtfest und erinnerte daran, wie vor fünf Jahren mit dem ersten inklusiven Stadtfest Eben-Ezers 150.Jubiläum gefeiert wurde.

„Heute sind es unsere Lebenshilfe Lemgo, Eben-Ezer, die Stadt und die Hochschule gemeinsam, die die Initiative für das Fest bilden, das wir heute miteinander feiern. Es ist ein Fest für Inklusion, Offenheit, Verständigung und Gemeinschaft.“

„Keine Grenzen des Schöpfers trennen uns voneinander“, nahm Lebenshilfe-Geschäftsführerin Irene Priebe-Wiethaup das Zitat von Engelbert Kaempfer auf und ergänzte: „Dieser Satz trifft das Wesen der Inklusion. Grenzen sind notwendig, um zu ordnen und zu organisieren. Sie sollen das Zusammenleben der Menschen gestalten. Sie sind nicht dazu da, uns zu trennen. Wir freuen uns, als Lebenshilfe Lemgo dieses Fest mit zu feiern und mit zu gestalten.“

Auch Professor Dr. Jürgen Krahl, Präsident der Hochschule OWL, unterstrich die Bedeutung der Vielfalt für Lemgo und den Hochschulstandort: „Die Hochschule OWL ist international, unsere Verschiedenartigkeit ist ein Reichtum. Wir lernen voneinander und weiten unseren Blick.“ Pastor Dr. Bartolt Haase sprach für die Stiftung Eben-Ezer: „Wir freuen uns, dass sich so viele Initiativen an diesem Fest beteiligen und danken allen, die durch ihre Vorbereitung und ihr Mitwirken dieses Stadtfest ermöglichen.“

70 verschiedene Angebote, größtenteils zum Mitmachen, und rund dreißig Stände, u. a. auch Kunsthandwerkliches, erwarteten die Besucher. Sie ließen sich entspannt auf Marktplatz, Mittelstraße, Ostertor- und Kastanienwall unterhalten, zum Verweilen und Mitmachen einladen. Dazu gab es manche Information. „Wir sind mit vielen Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch gekommen. Für die Hochschule OWL war das inklusive Stadtfest eine voller Erfolg, das allen Beteiligten viel Spaß gemacht hat“, resümierte Hochschul-Sprecherin Julia Wunderlich.

Kitas, Schulen, Vereine wie beispielsweise der TV Lemgo und das Netzwerk Lippe, das Mehrgenerationenhaus, die Flüchtlingshilfe, das Weserrenaissance Museum und viele andere waren dabei. Am Kastanienwall fand die Familiade statt, Vorführungen wie Spinning und Tanzen gab es auf und vor der Sportbühne. Der Rennwagen des Racing Teams von der Hochschule OWL war, obwohl er nicht fahren durfte, ein „Renner“. Abfahrbereit standen Trikes, die mit begeisterten Fahrgästen die Innenstadt umkreisten. Dank des kostenfreien Stadtbusses waren auch die Straßen entlastet.

Auch das Angebot an Speisen und Getränken zeichnete sich durch Vielfalt aus. Köstlichkeiten aus Afrika gehörten dazu. Sie wurden serviert von afrikanischen Studierenden der Hochschule, die in traditioneller Kleidung erschienen waren und dem Geschmackserlebnis mit afrikanischer Musik auch ein klangliches hinzufügten.

Informationen, Spiele, Herzhaftes und Süßes hatten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Klientinnen und Klienten von Lebenshilfe, Eben-Ezer und die AWO in der Mittelstraße und an den Wallanlagen vorbereitet. Ehrenamtliche Kuchenbäckerinnen und –bäcker ließen bei Variantenreichtum und Fülle nichts zu wünschen übrig.

eeWerk punktete mit einem barrierefreien Kletterpark mit Rollstuhl-Lift und einer Lounge mit Liegestühlen und Polstermöbeln in liebenswertem Retro-Style mit Recycling Charme. Auch auf der kleinen Bühne für Singer/Songwriter wurde der Geschmack der Gäste getroffen. Das Kultur- und Sportprogramm auf fünf Bühnen hatte viele Fans: Beim Open-Air Konzert am Samstagabend mit StoppRock, der Red Cadillac Band und der Gustav Peter Wöhler Band füllte sich der Marktplatz nach regnerischem Zwischenspiel zusehends. „Lehrer macht mit uns Musik“, sang StoppRock, die Band der Topehlen-Schule, zur Melodie des Pink Floyd Klassiker „Another Brick In The Wall“. Das tat Lehrer Christian Felix Grüntgens mit seinen Kollegen der Red Cadillac Band. Zusammen begeisterten sie das Publikum mit leidenschaftlich und gekonnt gespielten Rockklassikern.

„Die waren ja der Hammer“, sagte Gustav Peter Wöhler, als er die Bühne übernahm. Mit seiner Band sang und spielte er das Publikum in eine gelöste swingende Stimmung: „Fühlt einfach nur und lasst euch treiben“. Das klappte. Drei Zugaben nach Konzertende mussten es schon sein. Ein Besucher- und Besucherinnenmagnet war die Märchenkantate „Der Garten des Riesen“ nach einer Erzählung von Oscar Wilde. Fast 90 Mitwirkende von Lebenshilfe, Eben-Ezer, den Grundschulen Kirchheide und Brake und der Musikschule Lemgo faszinierten Kinder wie Erwachsene. Der Marktplatz vor der Bühne war voll, das Lampenfieber hinter der Bühne war groß: „Worauf habe ich mich da bloß eingelassen?“, fragte eine Sängerin verzweifelt. Schon nach den ersten Klängen bei der Aufführung aber war das Lampenfieber einem Strahlen der Freude gewichen.

Vor der Kantate gehörte dem Musical mit der Tanzschule Hey und Yogi von Fabulara die Aufmerksamkeit des meist jungen Publikums, das vergnügt vor der Bühne herumhopste und von Yogi und Margret Hey angeleitet tanzte und sang.

Das Bläserensemble Atü des Engelbert-Kaempfer-Gymnasiums brachte Klassiker aus Filmmusik und Stücke von Quincy Jones und Sting auf die Bühne. Um die Mittagszeit spielte es den wärmehungrigen Zuschauerinnen und Zuschauern die Sonne ins Herz und dann auch hinter den Wolken hervor. Bis dahin hatte die fürsorgliche Gastronomie am Marktplatz wärmende Decken ausgelegt.

Gegen 18:00 Uhr klang mit Musik von allen Bühnen das Stadtfest aus. Den Marktplatz rockte die Rockband aus Karlsruhe Kosmikk Debris mit ansteckender Energie. Einer der Sänger hat Verwandtschaft in Lippe und leitete die Zugabe mit den Worten ein: „Es war uns eine Ehre für euch zu spielen.“

Das inklusive Stadtfest war ein gelungenes Zusammenspiel und eine gut aufeinander abgestimmte Organisation vieler, u. a. von Lemgo Marketing für die Logistik, sagner-heinze, dem Mehrgenerationenhaus, Eben-Ezer, Lebenshilfe, Hochschule und Verwaltung der Stadt Lemgo. Viele Sponsoren haben die Finanzierbarkeit des Festes ermöglicht. Bei ihnen bedankte sich der Bürgermeister bei der Eröffnung des Stadtfestes namentlich: Brasseler und Curacon, Ecclesia, Möller, Versicherer im Raum der Kirchen, sagner-heinze, Sparkasse und Stadtwerke. Diese hatten den Stadtbus kostenfrei eingesetzt.

Mit dem zweiten inklusiven Stadtfest dürfte das Lemgoer Stadtgedächtnis um eine schöne Erinnerung reicher sein und Energie für Inklusion freisetzen und selbstverständlicher machen. Irgendwann muss nicht mehr erwähnt werden, dass es ein inklusives Stadtfest ist. Wer am Wochenende in Lemgo unterwegs war, der erlebte ein deutlich gemischteres Straßenbild. Ein Anlass zur Dankbarkeit bleibt ein gelungenes Fest immer, unterstreicht Lemgos Bürgermeister Dr. Reiner Austermann: „Wir haben bei sehr schönem Wetter ein Fest mit vielen zufriedenen und sehr entspannten Menschen in unserer schönen Stadt erlebt. Es war ein sehr gutes Beispiel, wie in Lemgo Inklusion gelebt wird. Mein Dank gilt allen ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen, die zu dem Gelingen des Inklusiven Stadtfestes beigetragen haben. Wir durften ein vielfältiges, buntes Fest erleben.“

Textquelle: sagner-heinze Werbeagentur GmbH

Bildquelle: Andreas Leber