Die Leichtbauküche der Zukunft

Professor Martin Stosch und Tristan Beeck beim Einlegen einer Hochschrankseite in die Presse des Labors für Holztechnik der Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

Vom 16. bis zum 22. September zeigen die Unternehmen der ostwestfälischen Küchenmöbelindustrie im Rahmen der KÜCHENMEILE dem Fachhandel und interessierten Endkunden ihre Neuheiten. Zum ersten Mal zu sehen ist die „BEECK-Leichtbauküche 2017“, die mit rund 30 Prozent weniger Material als übliche Küchen auskommt. Sie ist das Ergebnis eines Gemeinschaftsprojektes von Mitgliedsunternehmen der Interessengemeinschaft Leichtbau e.V. und der Hochschule OWL.

 

30 Prozent sparen: Das möchten Kunden nicht nur beim Küchenkauf, sondern die Küchenhersteller auch beim Material. Die Leichtbaukonstruktion in der sogenannten KETTBOARD-Hybridbauweise erlaubt nun diese materialsparsame Bauweise. Für den Entwurf der Ausstellungsküche war das Unternehmen BEECK Küchen GmbH gemeinsam mit dem Innenarchitekten Gerhard Meier aus Bad Salzuflen verantwortlich. Die Konstruktion und Grundfertigung der weit über 100 Bauteile oblag dem Team aus Tristan Beeck von der Beeck Küchen GmbH, Professor Martin Stosch von der Hochschule OWL und Peter Kettler von Kettler Consulting & Engineering, der nebenberuflich auch der geschäftsführende Vorstand der Interessengemeinschaft Leichtbau e.V. (igeL) ist.

 

Tristan Beeck studierte an der Hochschule OWL Holztechnik und erlangte im August seinen Bachelor-Abschluss. Schon im Rahmen seiner Abschlussarbeit, die er am Labor für Industriellen Möbelbau, Konstruktion und Entwicklung bei Professor Stosch schrieb, untersuchte er, wie sich Leichtbauweisen auf die Anforderungen der Möbelserienproduktion anpassen lassen. Dabei ergaben die Festigkeitsuntersuchungen besonders gute Belastungswerte für die KETTBOARD-Konstruktion. Gemeinsam mit Peter Kettler, dem Erfinder und Namensgeber des KETTBOARD-Konzeptes, und Professor Stosch erarbeitete er im Holztechniklabor der Hochschule OWL die Lösung für die „BEECK-Leichtbauküche 2017“.

 

Das besondere an der Küche ist, dass sie ohne spezielle Kartonwaben und Spezialbeschläge auskommt. Schwierig ist es bei Leichtbauplatten vor allem, Beschläge und Kanten zu befestigen. Mit der KETTBOARD-Bauweise können Hohlkammerplatten mit gezielt positionierten Stegen hergestellt werden, so dass eine individuelle Leichtbauweise möglich wird. Nicht alle Bauteile wurden nach dem KETTBOARD-Konzept gefertigt, deshalb ist die Küche eine Hybridkonstruktion. Sehr schmale Bauteile, wie die Traversen, bestehen bei der Ausstellungsküche aus massiver Spanplatte. Sehr dünne, flächige Bauteile, wie die Rückwände und Schubkastenböden, aus der Renolit GORCELL-Sandwichplatte. „Beim Leichtbau gilt: Was ich an Material beim Bau der Möbel einsparen will, dass muss ich vorher an Gedanken in die Konstruktion und Planung hineinstecken. Der wichtigste Rohstoff einer modernen Leichtbaukonstruktion ist nicht Holz oder Holzwerkstoff, sondern das Vor-, Nach- und Querdenken. Das versuchen wir auch unseren Studierenden zu vermitteln“, erklärt Stosch. „Es geht darum, ganz offen und unter funktionalen, technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine optimierte Gesamtlösung für den Möbelleichtbau zu erarbeiten. Und die ist nicht selten eine hybride Bauweise, die alle Optionen – herkömmliche wie innovative – prüft und dann zielführend kombiniert.“

 

In zahlreichen Denkschleifen konnten das Bohrbild und die Beschlagausstattung der Bauteile vorsichtig angepasst und den spezifischen Anforderungen der Plattenkernstruktur angepasst werden. Alle Korpusse sind trotz etwa 30-prozentiger Materialeinsparung fest verleimt und alle Beschlagteile mit den üblichen Schrauben befestigt. „Besonders wichtig für den Projekterfolg war die frühzeitige Entscheidung, weitere igeL-Mitgliedsunternehmen mit in die Umsetzung einzubinden“, erklärt Kettler. Das 2008 von Professor Stosch initiierte igeL-Netzwerk umfasst heute rund 100 Unternehmen, Hochschulen, Institute, Fachverlage und Messeveranstalter. So  war es möglich, die Kochinsel der Ausstellungsküche mit einer leichten Arbeitsplatte mit vollkommen unsichtbarer, technischer Ausstattungen zu versehen – beispielsweise eine Ladefunktion für mobile Bildschirmgeräte und eine LED-Beleuchtung zur Visualisierung des Plattenkerns. „Die Technikintegration in Küchenmöbel wird durch den Leichtbau zukünftig eine noch bedeutendere Rolle spielen, denn der Leichtbau schafft erst die notwendigen Voraussetzungen für die Integration intelligenter, technischer Systeme in die Einrichtungen von Lebens- und Arbeitsräumen. Insofern ist die „BEECK-Leichtbauküche 2017“ ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft“, so Tristan Beeck.

Bild- und Textquelle:  Hochschule Ostwestfalen-Lippe