Erntedank: Bauern ziehen Bilanz

Am Sonntag feiern wir das Erntedankfest. Die Landwirte blicken in diesem Jahr auf eine bescheidene Ernte.

Landwirte blicken auf bescheidene Ernte

Lippe. Erntedank heißt es wieder am kommenden Sonntag, einem Tag, um Dank zu sagen und Rückschau zu halten. Die Landwirte blicken in diesem Jahr auf eine bescheidene Ernte. „Dennoch sind wir Bauern hier in unserem Gebiet von wirklichen Missernten verschont geblieben“, so der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Lippe Dieter Hagedorn. Die Erträge und Qualitäten seien unterdurchschnittlich bei niedrigen Preisen. Die Ernteergebnisse würden eine große Bandbreite aufweisen, je nach Bodenqualität und lokaler Witterung. „Sie reichen von durchschnittlich bis in einigen Fällen schlechtester Ernte seit Jahren“, erklärt Hagedorn.

 

Wärme im März, Frost im April, Trockenheit im Juni sowie feuchtes Wetter zur Erntezeit machten den Bauern zu schaffen. „Das Wetter hat uns wieder einmal gezeigt, dass die Landwirtschaft der Berufszweig ist, der in und mit der Natur arbeitet“, schildert der Vorsitzende. Es sei ein schwieriges Erntejahr gewesen. Immer wiederkehrende Regenfälle hätten zu Zwangspausen geführt und die Landwirte auf eine Nervenprobe gestellt. Die kurzen Trockenphasen wurden zum Dreschen genutzt und hohe Feuchtegehalte in Kauf genommen, verbunden mit hohen Trocknungskosten.

 

Insgesamt hat die Gerste am stabilsten abgeschnitten. Die Landwirte konnten eine Durchschnittsernte mit zufriedenstellenden Qualitäten einfahren. Der Raps fiel dagegen enttäuschend aus mit niedrigen Erträgen und unterdurchschnittliche Qualitäten. Bei Roggen, Triticale (Kreuzung aus Weizen und Roggen) und Hafer liegen die Ernteergebnisse unter Durchschnitt. Ebenso beim Weizen, hier führte das trockene, heiße Wetter im Juni während der Kornfüllungsphase zu sogenanntem Kümmerkorn. Die Körner sind nur halb so groß. Dann beeinträchtigte der Regen zur Erntezeit die Backeigenschaften des Brotgetreides. „Das Getreide kann vielfach nicht mehr zum Backen, sondern nur noch als Tierfutter verwendet werden, mit entsprechenden Preisabschlägen“, erklärt der Vorsitzende. Ebenfalls nicht zufriedenstellend sei die Preissituation. Während die deutsche Ernte enttäusche, treffe sie auf einen weiterhin gut versorgten globalen Getreidemarkt. „In Verbindung mit den geringeren Erntemengen und -qualitäten bei uns führt dies bei den Ackerbaubetrieben zu einer angespannten wirtschaftlichen Lage“, erläutert Hagedorn. Auch für die Obstbauern war es ein schwieriges Jahr. Der starke Frost Mitte April nach einem warmen März führte zu großen Schäden in der Region. Neben den Frostschäden kamen dann noch Schäden durch Hagel dazu. Die Apfelanbauer sprechen von einem katastrophalen Jahr. Die Ertragseinbußen liegen bei 70 Prozent bis hin zu Totalausfällen.

 

Noch ist nicht alles unter Dach und Fach: Der Mais hat bis zum Sturmtief Sebastian (13.9.2017) sehr gut gestanden. Er hatte gute Wachstumsbedingungen bei einem guten Mix aus Sonne, Wärme und ausreichendem Regen. Die guten Ernteerwartungen wurden dann durch den Sturmschaden dezimiert. Kräftige Windböen hatten vielerorts den Mais abgeknickt. Die Schäden liegen bei 30 bis 40 Prozent, die Lagebestände sind schwierig zu ernten. Die Kartoffelbauern erwarten eine durchschnittliche bis überdurchschnittliche Ernte. Die Rodebedingungen waren dagegen aufgrund der Nässe bis jetzt bescheiden, auch die Preise sind nicht zufriedenstellend. Bei den Zuckerrüben, deren Ernte gerade begonnen hat, sieht es nach guten Erträgen, aber mit aktuell noch geringeren Zuckergehalten als im Vorjahr aus. „Wir Bauern hoffen auf Sonnenschein für eine gute Entwicklung der Zuckerwerte“, so Hagedorn.

 

Blickt man vom Feld in den Stall, so können die Milchbauern aufatmen. Die Auszahlungspreise haben sich inzwischen erholt. Besonders die Nachfrage bei der Butter ist gestiegen. „Butterfett ist wieder in“, sagt der Vorsitzende. Allerdings seien noch längst nicht alle finanziellen Löcher gestopft. Die Milchviehhalter haben die außergewöhnlich lange Preiskrise 2015/16 noch nicht abgeschüttelt. Große Sorgen bereitet den Schweinebauern die Afrikanische Schweinepest (ASP), die sich nach wie vor in Osteuropa ausbreitet. „Das ASP-Virus ist für den Menschen ungefährlich, kann jedoch für unsere Schweinebetriebe verheerende wirtschaftliche Folgen haben“, schildert der Vorsitzende. Die Schäden könnten deutschlandweit bis in die Milliarden gehen. Wichtige Exportmärkte würden ihre Tore für deutsches Schweinefleisch langfristig schließen. Ein Absturz der Erzeugerpreise für Schweinefleisch, massive Liefer- und Handelsbeschränkungen und ein längeres Preistief wären die dramatischen Folgen.

 

Trotz alldem sei die Stimmung zum Erntedankfest von Dankbarkeit geprägt, so Hagedorn. Die Bauernfamilien konnten zwar nicht die erhoffte Ernte einfahren, „doch wir konnten alle Felder ernten und sind von gravierenden Unwettern, Starkregen und Überschwemmungen wie in einigen Teilen Deutschlands verschont geblieben.“

Bild- und Textquelle:  Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband