Wie Unternehmen durch Klimaschutz Geld sparen könnten

 

Wie lassen sich der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß und die Kosten senken? Kevin Schön, Philipp Horbeck, Patrick Hoffmeister, Professor Manfred Sietz (hinten von links), Julian Sietz, Niklas Möller, Dennis Hetmann und Aurel Antoci (vorne von links) haben einige Ideen durchgerechnet.

Studenten des Umweltingenieurwesens der Hochschule OWL rechnen vor, mit welchen einfachen Maßnahmen Unternehmen einen Beitrag dazu leisten könnten, den Anstieg des Meeresspiegels zu verringern. Jetzt suchen die Studenten Firmen, für die sie ihre theoretischen Berechnungen in der Praxis anwenden können. Für die Unternehmen schlagen sich die Maßnahmen auch in Kostenersparnissen nieder, ist sich das Team aus Höxter sicher.

 

„Die Weltklimakonferenz in Bonn hat kürzlich gezeigt: Deutschland hat in Sachen Klimaschutz das Klassenziel verfehlt“, sagt Professor Manfred Sietz, der im aktuellen Wintersemester das Wahlpflichtfach „Nachhaltigkeit, ISO 26000, Entropie“ leitet, das am Fachbereich Umweltingenieurwesen und Angewandte Informatik der Hochschule OWL angeboten wird. Sieben Studierende aus dem fünften Semester des Bachelorstudiengangs Umweltingenieurwesen haben sich in den vergangenen Wochen damit beschäftigt, wie Unternehmen mit möglichst einfachen Maßnahmen Kohlenstoffdioxid einsparen können und somit verhindern, dass Eis schmilzt und der Meeresspiegel weiter ansteigt.

 

Die Studierenden haben energetische Berechnungen durchgeführt, die auf dem Höxteraner Wärmefußabdruck basieren (siehe Stichwort). Für mehrere Beispiele haben sie so zusammengestellt, wie viel Eis gerettet wird und wie viel Geld das Unternehmen oder seine Mitarbeitenden gleichzeitig einsparen können. „Wir möchten Unternehmen Mut machen, durch einfache Maßnahmen zur Verlangsamung des Klimawandels beizutragen“, sagt Professor Sietz, der gemeinsam mit seinen Studierenden jetzt den Kontakt zu Firmen sucht, um die Beispiele im realen Umfeld durchzurechnen. Die bisher berechneten theoretischen Szenarien mit gerundeten Ergebnissen im Überblick:

 

Fahrweg sparen

Wenn 100 Angestellte zuhause arbeiten, statt ins Büro zu pendeln, wird pro Jahr ein Eiswürfel mit einer Kantenlänge von 15,5 Metern nicht geschmolzen, so die Berechnung von Julian Sietz. Jeder einzelne Angestellte spare dadurch fast 700 Euro pro Jahr. Für die Berechnung hat der Student zugrunde gelegt, dass die Angestellten an 220 Arbeitstagen im Schnitt 20 Kilometer pro Strecke fahren mit einem Dieselverbrauch von sieben Litern für 100 Kilometer. Würden sie bei den gleichen Grundannahmen Fahrgemeinschaften bilden und mit fünf Personen pro Auto fahren, ergäbe sich ein geretteter Eiswürfel mit einer Kantenlänge von rund 14 Metern und eine Kostenersparnis pro Person von etwa 500 Euro pro Jahr, wie Kevin Schön vorrechnet.

 

Stecker ziehen

100 Rechner und Bildschirme werden außerhalb der Arbeitszeit nicht nur in den Stand-by-Modus versetzt, sondern mit dem Stecker von der Stromversorgung getrennt – das Rechenergebnis von Dennis Hetmann: Die Umwelt dankt es mit einem erhaltenen Eiswürfel mit 3,5 Metern Kantenlänge; das Unternehmen spart 1.700 Euro.

 

Leuchtmittel wechseln

100 Leuchtstoffröhren werden durch 100 LEDs ersetzt – bei einer angenommenen Betriebszeit von acht Stunden pro Tag spart das rund 3,5 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr. Dadurch bleibt ein Eiswürfel mit einer Kantenlänge von über vier Metern erhalten, wie Niklas Möller vorrechnet. Das Unternehmen reduziert seinen Stromverbrauch und spart dadurch im Betrieb pro 100 LEDs fast 2.000 Euro.

Bewusst drucken

Was sich beim Drucken sparen lässt, stellt Patrick Hoffmeister durch den Vergleich von zwei Szenarien exemplarisch vor: 100 Beschäftigte drucken 100 Seiten. Im Negativ-Szenario drucken sie einseitig, mit Einweg-Patronen auf Frischfaserpapier und mit der Schriftart Arial. Im Positiv-Szenario drucken sie doppelseitig, mit Mehrweg-Patronen, auf Recyclingpapier und in der Schriftart Century Gothic. In der zweiten Variante ergibt sich ein Sparpotenzial an Kohlenstoffdioxid und Kosten von jeweils rund zwei Dritteln. Der gerettete Eiswürfel hat eine Kantenlänge von 2,5 Metern; das Unternehmen spart über 400 Euro.

 

Weniger Briefe

Pro verschicktem Brief entstehen rund 20 Gramm Kohlenstoffdioxid. Wenn 100 Angestellte an 220 Arbeitstagen pro Jahr jeweils nur einen Brief versenden, schmilzt ein Eiswürfel von über zwei Metern Kantenlänge. Auch hier hilft also ein Abwägen, ob jeder Brief nötig ist, auch wenn ein Umstieg auf E-Mails keine Option ist, wie Philipp Rohrbeck darstellt: Durch den Stromverbrauch von Rechnern und Servern steht die elektronische Post nicht besser da als der normale Brief.

 

Heizungen abgleichen

In größeren Gebäuden sind Heizkörper miteinander gekoppelt – damit sie optimale Leistungen erzielen, muss regelmäßig ein hydraulischer Abgleich zwischen ihnen durchgeführt werden. Viele Unternehmen vernachlässigen diese Maßnahme und verschenken dadurch zwischen fünf und 20 Prozent Energie, wie Aurel Antoci ausführt. Als Beispiel hat er die möglichen Einsparungen für 100 Unternehmen mit zehn bis 49 Mitarbeitende durchgerechnet: Der eingesparte Eiswürfel hat eine Kantenlänge von bis zu 36 Metern. Die gesparten Kosten summieren sich – im Maximalfall von 20 Prozent möglicher Energieeinsparung – auf rund 500.000 Euro.

Stichwort: Wärmefußabdruck

Um die Nachhaltigkeit messbar zu machen, hat Professor Manfred Sietz von der Hochschule OWL den Wärmefußabdruck entwickelt und in einem im Springer-Verlag erschienenen Fachbuch veröffentlicht. Gemessen wird dabei die Abwärme, die bei jeder Energienutzung entsteht: „Aufgrund von schlechten Wirkungsgraden wird bei allem was wir tun Abwärme ungenutzt in die Atmosphäre freigesetzt – beispielsweise durch Reibung. Diese Abwärme ist eine der Hauptursachen für den Klimawandel, neben Kohlendioxid und Überkonsum“, so Sietz, der dementsprechend mit dem Wärmefußabdruck die Nachhaltigkeit eines Unternehmens, eines Hauses oder eines Produktes darstellen kann: Der berechnete Wärmefußabdruck ist dabei die Grundfläche eines Eiswürfels, der durch die freigesetzte Abwärme in einem Jahr geschmolzen wird – und das unwiderruflich, denn einmal geschmolzenes Eis kann nur durch erneute Energiezufuhr wieder gefroren werden.

Kontakt: Professor Manfred Sietz, Telefon 05271 687-7120, E-Mail manfred.sietz(at)hs-owl.de

Bild- und Textquelle:  Hochschule Ostwestfalen-Lippe