Weniger Müll, mehr Energie

 

Doktorand Blöhse bei der Arbeit: Er guckt nach, was im inneren des Testreaktors vor sich geht.

Die Probleme des Alltags lösen, das wollen viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ein wichtiges Thema ist dabei die Abfallentsorgung. Müll sollte vermieden werden, Jute statt Plastik oder kein Fett in den Ausguss kippen – das kennen wir schon! Aber was machen wir mit dem organischen Müll, der schon da ist? Dennis Blöhse, ehemaliger Doktorand der Hochschule OWL in Höxter, hat sich damit in seiner Promotion näher beschäftigt. Die Antwort: aufbereiten und energetisch nutzen.

 

Rund 4,5 Millionen Tonnen organischen Müll produzieren deutsche Haushalte jedes Jahr. Hinzu kommen organische Abfälle und Reststoffe aus der Industrie, Klärschlämme aus Kläranlagen sowie Mist und Gülle aus der Viehzucht. Viele dieser organischen Reststoffe werden als Kompost oder Dünger im Sinne einer Kreislaufführung wieder auf den Acker gebracht. Aber für so viel Dünger gibt es in Deutschland gar nicht genug Ackerfläche. Und vieles sollte auch gar nicht auf den Acker und somit schlussendlich wieder auf unseren Teller. Kein Wunder also, dass Dennis Blöhse sich diesem Thema widmen wollte. Sein Lösungsansatz: Biomüll zu Biokohle.

 

Das beste Beispiel ist Klärschlamm. Gedankenverloren entledigen wir uns dessen, was unsere Verdauung von der Nahrung übrig lässt, Spülung drücken und weg. Wohin geht das alles?  Es landet im Kanal, fließt zur Kläranlage und wird zu Klärschlamm.

 

Klärschlamm beschreibt eine Mischung aus verschiedenen festen und flüssigen Stoffen, die bei der Abwasserreinigung durch Sedimentation gewonnen werden. Es ist also alles das, was bei der mechanischen und biologischen Reinigung des Abwassers übrig bleibt. Wegen des relativ hohen Stickstoff- und Phosphatgehaltes wird ein Teil des Schlamms auf landwirtschaftlichen Flächen als Dünger genutzt. Doch dies wird seit Jahren kritisch betrachtet, da der Klärschlamm auch Schadstoffe enthalten kann. Neben Schwermetallen beispielsweise auch sogenannte endokrine Stoffe. Diese Stoffe können die natürliche biochemische Wirkungsweise von Hormonen stören und dadurch schädliche Effekte hervorrufen, wie die Störung von Wachstum und Entwicklung oder eine negative Beeinflussung der Fortpflanzung. Der Klärschlammrest wird deshalb immer häufiger entwässert und verbrannt – eine der endgültigen Methoden, um Abfall zu beseitigen. Energetisch sinnvoll ist das jedoch nicht, da der Schlamm auch nach dem Entwässern noch sehr feucht ist und das Verbrennen von nassem Müll viel Energie verschwendet. Besser wäre es, den Klärschlamm durch ein Vorbehandlungsverfahren besser entwässern zu können und energetisch oder sogar noch stofflich zu nutzen.

 

Wer schon einmal Campen war, der weiß: Nasses Holz brennt nicht. Daher ist es einleuchtend, dass Klärschlamm mit einem geringen Wassergehalt besser brennt. Das bedeutet gleichzeitig weniger Energieaufwand bei der Verbrennung und weniger Gewicht beim Transport des Klärschlammrestes. Dennis Blöhse hat in seiner Dissertation „Hydrothermale Karbonisierung – Nutzen dieser Konversionstechnik für die optimierte Entsorgung feuchter Massenreststoffe“ genau auf die Verbesserung dieser Eigenschaften abgezielt. Er untersuchte den Nutzen und die Anwendungsgebiete der Hydrothermalen Karbonisierung (HTC), ein recht neues Verfahrens zur Klärschlammaufbereitung. Er fand dabei raus, wie sich die Trockenmasse des Klärschlamms von 20 Prozent auf über 50 Prozent erhöhen lässt und dabei entdeckte er noch weitere Vorteile: Bei gezielter Prozessführung können die wichtigen Pflanzennährstoffe Stickstoff und Phosphat aus dem Klärschlamm herausgelöst werden. Diese stehen dann für ein Recycling zur schadstoffärmeren Düngung zur Verfügung.

 

Die HTC ist ein thermochemisches Verfahren, das innerhalb weniger Stunden aus organischen Abfällen und Reststoffen Biokohle entstehen lässt. Bei Temperaturen von 180 bis 220 Grad Celsius und einem Druck von etwa 20 Bar entstehen in dem Prozess Produkte, die der Braunkohle sehr ähnlich sind: sogenannte HTC-Biokohlen. Die Kohle lässt sich einfach entwässern und kann dann effizienter verbrannt werden, um Energie zu erzeugen.

 

Die Abfallwirtschaft beschäftigt sich im Wesentlichen mit fünf Themen: Abfallvermeidung, Wiederverwendung von Abfall, Recyceln, energetische Nutzung und die umweltgerechte Beseitigung. „Mit seinem Thema hat Dennis Blöhse deutlich über den Tellerrand geguckt, denn das Thema verbindet viele Disziplinen und leistet einen wichtigen Beitrag zur energetischen Nutzung von organischen Abfällen in der Abfallwirtschaft“, so Professor Hans-Günter Ramke, der die Promotion an der Hochschule OWL betreute.

 

Als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Professor Ramke am Fachbereich Umweltingenieurwesen und Angewandte Informatik in Höxter widmete sich Dennis Blöhse bereits vor seiner Promotion intensiv dem Thema HTC. Daraus entstand nach einiger Zeit sein Promotionsthema, das sich mit den Anwendungsgebieten des Verfahrens beschäftigt. Durch ein Stipendium des Graduiertenzentrum.OWL der Hochschule OWL konnte er sich im Anschluss an mehrere Forschungsvorhaben voll und ganz der Fertigstellung seiner Dissertation widmen. Die Promotion erfolgte dann kooperativ an der Universität Essen unter der Federführung von Professor Widmann. Blöhse beschäftigt sich mittlerweile bei der Emschergenossenschaft/Lippeverband als Projektkoordinator mit dem Thema der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm und Klärschlammverbrennungsaschen. 

 

Kontakt: Dennis Blöhse, E-Mail: dbloehse@gmx.de

Bild- und Textquelle: Hochschule Ostwestfalen-Lippe