Schriften aus der Reformationszeit online zugänglich

Studierende der Universität Münster arbeiten an Textsammlung mit

Von Luthers 95 Thesen haben wohl viele Menschen schon einmal gehört – Schriften aus der Reformationszeit in Lemgo und Lippe sind hingegen nur den Wenigsten bekannt. Das könnte sich demnächst durch eine Zusammenstellung von Texten ändern, welche die Historikerin Dr. Lena Krull zusammen mit Studierenden der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erarbeitet hat. Die zehn Quellen zur Reformation können im Internet auf der Seite www.glauberechtundfreiheit.de heruntergeladen werden. Die digitale Quellensammlung, gestaltet von dem Lemgoer Grafiker Martin Emrich, ist Teil des Projekts „Glaube, Recht & Freiheit“, welches aktuell unter anderem mit der gleichnamigen Ausstellung im Städtischen Museum Hexenbürgermeisterhaus in Lemgo, einem wissenschaftlichen Buch und einer Smartphone-App umgesetzt wird.

In den lippischen Archiven und Bibliotheken schlummern viele originale Schriftstücke aus der Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert. „Solche Quellen liefern einen unmittelbaren Einblick in die Vorgänge in Lippe und in die Wünsche und Hoffnungen der Menschen,“ erklärt Lena Krull, „deswegen sind sie für uns so wertvoll“. Meist seien sie aber nur Experten bekannt. Sprache und Form würden den Zugang erschweren, etwa bei lateinischen oder handschriftlichen Texten, so die Historikerin. Für Lippe gebe es zwar bereits einen fundierten Quellenband zur Reformation, dieser sei jedoch bereits vor knapp 30 Jahren erschienen und nur noch in den Bibliotheken einsehbar. Auf die neue Textsammlung kann man von überall aus im Internet zugreifen, zudem enthält sie Verweise auf weitere online zugängliche Texte und Quellen. „In den letzten Jahren hat sich im Bereich der Digitalisierung viel getan – man muss allerdings wissen, wo man suchen muss,“ so Krull.

Zielgruppe der Textsammlung sind übrigens nicht nur Historiker und historisch Interessierte, sondern besonders Lehrer. Sie erhalten Material, um die lokalen und regionalen Geschehnisse der Reformation in den Unterricht einzubinden. Gleichzeitig können die Schülerinnen und Schüler an den Umgang mit Originalquellen herangeführt werden. Zu lesen gibt es beispielweise einen Auszug aus der Reformationsgeschichte Hermann Hamelmanns, der im 16. Jahrhundert Zeitzeugen der Reformation in Lemgo befragte und ihre Erlebnisse festhielt. Ebenfalls aus Lemgo stammen die „Zwölf Artikel“, ein Forderungskatalog rebellischer Bürger aus dem Jahr 1531, der nun erstmals in edierter Form vorliegt. Die letzte und zeitlich späteste Quelle stammt von 1617: Im Röhrentruper Rezess vereinbarten der lippische Graf und Lemgo, dass die Stadt beim lutherischen Bekenntnis bleiben durfte. Damit legte der Vertrag den Grundstein für das Zusammenleben von Lutheranern und Reformierten in der Lippischen Landeskirche.

Erarbeitet wurde die Textsammlung an der Universität Münster, wo sich Studierende der Geschichtswissenschaft ein Semester lang mit der Reformation in Lippe befassten. Unter der Leitung von Lena Krull wurden die Quellen ausgewählt, gelesen und abgeschrieben sowie teilweise übersetzt. „Die Vermittlung von Kompetenzen im Bereich der Grundwissenschaften, etwa der Umgang mit unterschiedlichen Arten von Quellen aus verschiedenen Zeiten, ist ein zentraler Teil des Geschichtsstudiums“, betont Krull, die beruflich an der Universität unterrichtet.

Internetseite (Download der Quellensammlung):

www.glauberechtundfreiheit.de

Ausstellung:

Glaube, Recht & Freiheit. Lutheraner und Reformierte in Lippe, Museum Hexenbürgermeisterhaus Lemgo, Breite Str. 17-19, 32657 Lemgo. Zu sehen bis 7. Januar 2018, Öffnungszeiten: Di–So 10–17 Uhr, Eintritt frei

Buch:

Andreas Lange/Lena Krull/Jürgen Scheffler (Hg.), Glaube, Recht und Freiheit. Lutheraner und Reformierte in Lippe (Schriften des Städtischen Museums Lemgo 18), Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017, 24 Euro.

Bild- und Textquelle: Alte Hansestadt Lemgo