Bewegungsstudie „REBIRTH active school“ an lippischen Schulen: „Wir sind aktiv!“

Dr. Klaus Schafmeister (Kreis Lippe), Cornelius Jäger (MHH- Medizinische Hochschule Hannover), Prof. Dr. Uwe Tegtbur (Direktor des Instituts für Sportmedizin an der MHH), Karen Zereike (Kreis Lippe), Prof. Dr. Axel Haverich (Klinikdirektor HTTG der MHH), Dr. Axel Lehmann (Landrat Kreis Lippe), Elke Prasse (Schulleitung Bachschule-Detmold), Christoph Trappe (Schulleitung Geschwister-Scholl Schule, Detmold), Dr. Lena Grams (MHH-Institut für Sportmedizin), Herbert Dierker (Konrektor Bachschule, Detmold), Fabian Pierburg (Werthschule-Detmold).

Die Kinder der Klasse 3b der Bachschule in Detmold gehen in die Hocke, klatschen sich dabei auf die Oberschenkel und rufen: „Wir sind aktiv!“; anschließend klatschen sie in die Hände und springen zum Abschluss in die Höhe. So beginnen die sportlichen Interventionen im Rahmen der durch die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) initiierte Bewegungsstudie „REBIRTH active school“. Im Anschluss spielen die Schüler – angeleitet durch Sportwissenschaftler – Spiele wie die „Tollkirsche“. Dabei bewegen sich die Kinder frei im Klassenraum, auf das Kommando „Toll“ zappeln, springen und hüpfen sie. Beim nächsten Zeichen erstarren die Kinder kurz in der Bewegung und kommen zur Ruhe. Nach drei Minuten ist der Spaß wieder vorbei und die Schülerinnen und Schüler setzen sich auf ihre Plätze und arbeiten konzentriert weiter. „Diese kleinen Bewegungseinheiten im Unterricht zielen darauf ab, die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern und ein besseres Lernklima zu schaffen“, erklärt Professor Dr. Uwe Tegtbur, Direktor des MHH-Instituts für Sportmedizin.

 

Das schulische, unterrichtsbegleitende Interventionsprogramm soll die physische und psychische Leistungsfähigkeit sowie die soziale Kompetenz der Schüler steigern. Die unterrichtsbegleitenden Bewegungsimpulse sollen langfristig positive Effekte auf das biologische Alter und eine Zunahme der Regenerationsfähigkeit erzeugen. „Durch die Bewegungsstudie erfahren wir, wie fit die lippischen Schülerinnen und Schüler tatsächlich sind und auch, wo Handlungsbedarf besteht. Ich bedanke mich deshalb bei allen teilnehmenden Schulen, den Kindern und deren Eltern, ohne deren Mitarbeit diese Erkenntnisse nicht möglich wären“, so Landrat Dr. Axel Lehmann.

 

Vor den Sommerferien hat das interdisziplinäre Ärzteteam 358 Kinder aus dem Kreis Lippe und Hannover untersucht, um sie in die Studie aufzunehmen. Sie untersuchten Blut, Urin, Herzfunktion, Zahngesundheit und das biologische Alter sowie Ausdauer, Motorik und Ernährung. „Wir konnten feststellen, dass über 30 Prozent der untersuchten Kinder nicht das Normalgewicht einhalten“, sagt Professor Dr. Dr. h. c. Axel Haverich, Direktor der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie und Initiator der Studie. „Unsere Ergebnisse zeigen auch, dass die Schüler in der Integrierten Gesamtschule (IGS) im Vergleich zur Grundschule mehr Zeit mit modernen Medien verbringen. Die Grundschüler sind körperlich so fit wie früher. Durch den vermehrten Medienkonsum bewegen sich die Jugendlichen (5. – 6. Klasse) heute im Alltag weniger und zeigen Defizite in ihrer Fitness. Etwa 30 Prozent der Kinder essen jeden Tag Süßigkeiten und trinken gezuckerte Getränke. Außerdem war auffällig, dass 40 Prozent der Kinder morgens nicht zu Hause frühstücken und nur die Hälfte täglich Obst und Gemüse verzehrt“, ergänzt Professor Tegtbur.

 

Mitte September beginnt nun die erste Hälfte der Schülerinnen und Schüler aus dem Kreis Lippe gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern, begleitet von den Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftlern, mit den sportlichen Aktivitäten. Die andere Hälfte der Schülerinnen und Schüler beginnt das Projekt im kommenden Jahr. So kann im nächsten Untersuchungszeitraum ab Mai 2018 untersucht werden, wie erfolgreich die Bewegungsintervention war. Neben den kurzen Bewegungseinheiten findet einmal wöchentlich die REBIRTH-Arbeitsgemeinschaft (AG) statt, eine abwechslungsreiche, anstrengende und vor allem mit viel Bewegung und Spaß verbundene Sporteinheit von 90 Minuten. „Wir haben bei dem Konzept der AG besonders darauf geachtet, die Bereiche Ausdauer, Kraft, Koordination sowie Entspannungsphasen einzubauen, um die Kinder ganzheitlich zu fördern und zu fordern“, erklärt Sportwissenschaftlerin Dr. Lena Grams, die die Studie koordiniert.

 

Das Besondere dabei: Die Mediziner messen die Telomerlänge. Telomere nennt man die Genabschnitte an den Enden unserer Chromosomen. Sie spiegeln die Erneuerungsfähigkeit, das sogenannte regenerative Potenzial, von Zellen wider. Dabei ist die Telomerlänge eng mit einer gesunden Lebensweise verknüpft. Aktive Sportler haben längere Telomere. In zwei vorangegangenen Studien mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MHH konnte das Studienteam zeigen, dass sich regelmäßiger Ausdauersport positiv auf die Telomerlängen – also auf die Zellregeneration – auswirkt. „Ab November wollen wir das Konzept der Studie auch auf die Generation 60 plus ausweiten. Gemeinsam mit fünf Hausärzten aus dem Kreis Lippe beginnen wir bereits jetzt mit der Rekrutierung“, sagt Professor Haverich, der auch den Exzellenzcluster REBIRTH (von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie), ein Forschungsverbund an der MHH, koordiniert.

 

Die Studie wird von der Braukmann-Wittenberg-Stiftung, der CORTISS Stiftung, dem Exzellenzcluster REBIRTH und aus Landesmitteln des Förderangebots „Niedersächsisches Vorab“ unterstützt.

 

Für Fragen rund um die Bewegungsstudie REBIRTH active school stehen die Sportwissenschaftlerin Dr. Lena Grams unter rebirth.active.school@mh-hannover.de oder Karen Zereike vom Zukunftsbüro des Kreises Lippe unter (0 52 31) 62 1045, k.zereike@kreis-lippe.de verwenden.

Bild- und Textquelle: Kreis Lippe