„Ganz Ohr sein“ war ein voller Erfolg

Auf dem Bild von li.: Dr. Michael Dietenmaier, Dr. Susanne Hilker, Elisabeth Webel, Bernd-Hartmut Paulsen und Beate Busse

Lemgo. Es waren gut zwei Stunden am Freitagabend bei „Ganz Ohr sein“ in der Stadtbücherei – und die haben wieder einmal nicht gereicht. Denn die vier Gäste hatten so viel und so viel Spannendes zu berichten, dass man gern noch mehr gehört hätte. Und die Moderatorin Elisabeth Webel hatte ihre Freude, diese Vielfalt an Informationen zu kanalisieren und – der Zeit geschuldet – einzudämmen.

Wieso wird ein Schweizerdegen europäischer Wirtschaftssenator? Bernd-Hartmut Paulsen von Vier-plus Pro Graphik konnte das auflösen: Schweizerdegen wird genannt, wer sowohl Setzer wie Drucker gelernt hat. Und zum Europäischen Wirtschaftssenator wird man berufen, wenn herausragende unternehmerische Leistung mit herausragendem gesellschaftlichem Engagement zusammenkommt. Und das war dem Europäischen Wirtschaftssenat aufgefallen und seitdem ist es nunmehr auch die Aufgabe des Lemgoer Unternehmers, Politikern Wege in die Zukunft zu zeigen, um Entscheidungen zu ermöglichen, die über die Legislaturperiode hinaus Gültigkeit haben.

„Nichts hat die Welt mehr verändert als der Buchdruck“, das weiß nicht nur die „Times“, aber die Digitalisierung bringt ähnliche Umwälzungen. Paulsen konnte an einer Reihe von Beispielen aufzeigen, was sich schon jetzt verändert hat. Nicht zuletzt auf seinem Fachgebiet und im Druckhaus Haberbeck. Passend dann natürlich auch sein Buchvorschlag: Philipp Vandenberg „Der Spiegelmacher“; ein historischer Roman, in dessen Mittelpunkt die Bedeutung dieser neuen Kunst des Setzens und Druckens steht.

Dass beim internistischen Hausarzt der Mensch im Mittelpunkt steht, ist eine Binse. Aber das Spektrum ist breit, bei Dr. Michael Dietenmaier sehr breit. Er spielt zum Beispiel nebenbei Akkordeon in der Combo des Generationenbeirates. In dem ist er, seit sich der Beirat damals bei „Ab in die Mitte“ in Lemgo gegründet hatte. Und diesen Beirat unterstützt er weiterhin und hofft auf viele weitere, ruhig jüngere Mitstreiter. Mitmacher gesucht und gefunden hat Dr. Dietenmaier aber vor allem in dem anderen Bereich, dem Palliativnetz Lippe. Hier haben sich Ärzte, Palliativschwestern, Ehrenamtliche zusammengefunden, um Menschen an ihrem Lebensende zu begleiten – in der Form und an dem Ort, an denen es ihnen guttut. Siebzehn Ärzte, fünf Koordinatoren, entsprechend geschultes Pflegepersonal und inzwischen über achtzig Ehrenamtliche kümmern sich um diese Menschen. „Mit sehr viel Herzblut“ wie Dr. Dietenmaier betont. Und Erfolg: der „Krankenhaustod“ ist in Lippe von 70 auf 10 Prozent zurückgegangen. – Seine Leseempfehlung – da muss er dann selber lachen – ist natürlich ein Arztroman: Ian McEwan, Saturday. „Der Autor hat sich zwei Jahre in dieses Fachgebiet eingearbeitet. Wenn ich Schriftsteller wäre, würde ich ein solches Buch schreiben wollen.“

Um die Menschen, die Bildung der Menschen ging es natürlich auch bei Beate Busse und Dr. Susanne Hilker. Für Beate Busse, die Leiterin der Ostschule – Grundschule der Stiftung Eben-Ezer, war diese Aufgabe eine „Riesenchance“. Inklusion wird gern gefordert, bei der Umsetzung hapert es dann aber an den finanziellen, sachlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen. Hier in Lemgo aber wäre der passende Rahmen, um vieles umzusetzen. Dazu käme die Unterstützung zum Beispiel durch Nabu und BUND für ein „Klassenzimmer im Grünen“ und um die wechselnden Jahreszeiten auf der Streuobstwiese zu erleben. Ihr Lesevorschlag: Juli Zeh, Unterleuten. Der Titel sei ihr spontan ein- und aufgefallen. Eine Geschichte von Menschen in einem brandenburgischen Dorf, einer Idylle, in der die Gewalt alltäglich ist…

Das Weser-Renaissance-Museum hat sich im Laufe der Jahre nicht nur äußerlich verändert. Es ist zum Erlebnisraum geworden, wird häufiger auch zum externen Klassenzimmer und ist prädestiniert für den Geschichtsunterricht. Hier sieht Dr. Hilker als Museumspädagogin ihre Aufgabe, immer neue Anstöße zu geben, neue Erlebnisse zu vermitteln, andere Herangehensweisen zu ermöglichen. Das darf dann auch mal ganz unkonventionell für „reuige Sünder“ ein Treppensteigen sein – aber auf Knien, dann darf man auch mal Thesen formulieren und diese wie weiland Martinus „anschlagen“. Dr. Hilker gab auch schon einen kleinen Ausblick in die nähere Zukunft. Auf Themen wie „Als das ipad noch Seiten hatten“ oder „Saufzeit – Trinkgewohnheiten der Renaissance“ darf man sich jetzt schon freuen. Ihr Lesetipp geht allerdings zurück in eine Zeit ohne Computer: Robert Löhr, Der Schachautomat. Der war natürlich „getürkt“, wieso verrät das Buch oder ein Besuch in Paderborn, im Nixdorf-Museum.

Bild- und Textquelle: Stadtbücherei Lemgo e.V.