Die Alte Hansestadt Lemgo legt weitere Schließungen fest

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Lemgo. Im Interesse des Schutzes der Lemgoer Bevölkerung ist es angezeigt, ab dem 18.03.2020 sämtliche Einzelhandelsgeschäfte zu schließen.

Ausgenommen davon sind der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Banken, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser, Optiker, Hörgeräteakustiker, Filialen der Deutschen Post AG, Tierbedarf, Bau- und Gartenmärkte, Tankstellen, KFZ-Werkstätten, Reinigungen und der Online-Handel.

Außerdem ist es angezeigt, sämtliche Gastronomiebetriebe zu schließen; gestattet ist lediglich die Mitnahme bzw. die Auslieferung von Speisen.

Nach Landeserlass sind nach Rücksprache mit der Ordnungsverwaltung (Tel. 05261-213221) Ausnahmen für einen Restaurantbetrieb zwischen 6.00 Uhr und 15.00 Uhr möglich.

Es gilt folgende  Allgemeinverfügung:der Alten Hansestadt Lemgo zur weiteren Kontaktreduzierenden Maßnahmen ab dem 16.03.2020 und 17.03.2020

Gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) i.V.m. § 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) vom 28. November 2000 und §§ 35 Satz 2, 41 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) erlässt der Bürgermeister der Alten Hansestadt Lemgo als örtliche Ordnungsbehörde nachfolgende Allgemeinverfügung:

  1. Für Reiserückkehrer aus Risikogebieten nach RKI-Klassifizierung werden für den Zeitraum von 14 Tagen nach Aufenthalt Betretungsverbote für folgende Bereiche erlassen:

a) Gemeinschaftseinrichtungen (Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen, „Kinderbetreuung in besonderen Fällen“, Schulen und Heime, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Erziehungshilfe)

b) Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken

c) stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen

d) Berufsschulen

e) Hochschulen

2. Für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie für stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen werden nachstehende Maßnahmen angeordnet:

 

  • Diese Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren, Patienten und Personal zu schützen und persönliche Schutzausrüstung einzusparen.

 

  • Sie haben Besuchsverbote oder restriktiven Einschränkungen der Besuche auszusprechen; maximal ist aber ein registrierter Besucher pro Bewohner/Patient pro Tag mit Schutzmaßnahmen und mit Hygieneunterweisung zuzulassen. Ausgenommen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche (z.B. Kinderstationen, Pallativpatienten).

 

  • Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen.

 

  • Sämtliche öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen etc. sind zu unterlassen.

3. Folgende Einrichtungen, Begegnungsstätten und Angebote sind zu schließen bzw. einzustellen:

 

  • Alle Kneipen, Cafés, Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Opern-und Konzerthäuser, Kinos, Museen und ähnliche Einrichtungen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen ab dem 16.03.2020

 

  • Alle Messen, Ausstellungen, Freizeit-und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spezialmärkte und ähnliche Einrichtungen ab dem 18.03.2020

 

  • Alle Fitness-Studios, Schwimmbäder und „Spaßbäder“, Saunen und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020

 

  • Spiel- und Bolzplätze ab dem 18.03.2020

 

  • Alle Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen, in sonstigen öffentlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen ab dem 17.03.2020

 

  • Reisebusreisen ab dem 18.03.2020

 

  • Jeglicher Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie alle Zusammenkünfte in Vereinen, Sportvereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen ab dem 17.03.2020

 

  • Spielhallen, Spielbanken und Wettbüros und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020

 

  • Gleiches gilt für Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020.

4. Der Zugang zu Angeboten der nachstehenden Einrichtungen wird ab dem 16.03.2020 beschränkt und nur unter strengen Auflagen sowohl für den Innen- als auch den Außenbereich (Besucherregistrierung mit Kontaktdaten, Reglementierung der Besucherzahl, Vorgaben für Mindestabstände zwischen Tischen von 2 Metern, Hygienemaßnahmen, Aushänge mit Hinweisen zur richtigen Hygienemaßnahmen) gestattet:

a) Bibliotheken außer Bibliotheken an Hochschulen

b) Mensen, Restaurants und Speisegaststätten sowie Hotels für die Bewirtung von Übernachtungsgästen.

Für Restaurants und Speisegaststätten wird angeordnet, dass diese frühestens ab 6 Uhr geöffnet werden dürfen und spätestens ab 15 Uhr zu schließen sind

5. Auch zu Einrichtungshäusern und Einkaufszentren, „shopping-malls“ oder „factory outlets“ und vergleichbare Einrichtungen, die mehr als 15 einzelne Geschäftsbetriebe umfassen, ist der Zugang ab dem 16.03.2020 beschränkt und nur unter Auflagen erlaubt. Der Aufenthalt ist nur zur Deckung des dringenden oder täglichen Bedarfs zu gestattet.

6. Geschäften des Einzelhandels für Lebensmittel, Wochenmärkten, Abhol-und Lieferdiensten, Apotheken sowie Geschäften des Großhandels ist bis auf weiteres auch die Öffnung an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 18 Uhr gestattet; dies gilt nicht für Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag.

7. Sämtliche Verkaufsstellen im Sinne des Landesöffnungsgesetzes werden darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen zu treffen sind.

8. Übernachtungen zu touristischen Zwecken werden untersagt.

9. Veranstaltungen werden untersagt. Dies schließt Verbote von Versammlungen unter freiem Himmel wie Demonstrationen ein, die nach Durchführung einer individuellen Verhältnismäßigkeitsprüfung zugelassen werden können. Antrage auf Zulassung sind bei dem Ordnungsamt der Alten Hansestadt Lemgo (Recht, Sicherheit und Ordnung) zu stellen. Ausgenommen sind Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür – und vorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Bevölkerung diesen (z.B. Wochenmärkte). Weiterhin sind Trauerfeiern unter freiem Himmel gestattet.

10. Die Allgemeinverfügung der Alten Hansestadt Lemgo zum Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 erwarteten Besuchern/Teilnehmern zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten nach dem Gesetz zur Verhütung  und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) vom 13.03.2020 gilt uneingeschränkt fort.

 

Die Allgemeinverfügung der Alten Hansestadt Lemgo über das Verbot von öffentlichen Veranstaltungen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und zu weiteren kontaktreduzierende Maßnahmen vom 16.03.2020 wird durch diese Allgemeinverfügung ergänzt.

11. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.

 

Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Absatz 4 Satz 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land NRW (VwVfG NRW) einen Tag nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgt im Amtsblatt des Kreises Lippe. Im Internet ist sie einsehbar unter www.lemgo.de.

Begründung: 

Die Alte Hansestadt Lemgo ist nach § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG i.V.m § 3 ZVO-IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig. Unter den Voraussetzungen des § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen.

Gemäß § 2 Nr. 1 IfSG sind Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vermehrungsfähige Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann. Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG.

Die angeordnete Maßnahme ergeht auf Grund der derzeitigen Einstufung der Verbreitung des neuen Coronavirus (Sars-CoV-2) als Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die ganze Weltbevölkerung einem Erreger potenziell ausgesetzt ist und „potenziell ein Teil von ihr erkrankt“. Zudem besteht auf Grund der Risikobewertung des Robert Kochs Instituts weiterhin auf globaler Ebene eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation, mit zum Teil schweren und auch tödlichen Krankheitsverläufen. Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden. Seit im Dezember 2019 erstmals in China Menschen von einer neuartigen Lungenkrankheit befallen wurden, breitet sich das Virus SARS-CoV-2 immer weiter aus.

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen. Übertragungen kommen im privaten und beruflichen Umfeld, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen vor. Auf diesen kann es unter ungünstigen Bedingungen zu einer Übertragung auf die anwesenden Personen kommen.

Die Alte Hansestadt Lemgo  untersagt deshalb nach umfassender Interessenabwägung und Risikobewertung mit dieser Verfügung alle Veranstaltungen in ihrem Stadtgebiet.

Diese Anordnung gilt zunächst befristet bis zum bis 19.04.2020. Dieser Zeitraum ist angemessen, um die weitere Verbreitung kurzfristig zu verzögern. Eine kürzere Befristung ist nicht angezeigt, da in den nächsten Wochen noch mit weiter steigenden Infektionszahlen zu rechnen ist. Sollte die Entwicklung zeigen, dass die Maßnahmen schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich sind, wird die Anordnung geändert. Sofern über diesen Zeitpunkt hinaus Anordnungen notwendig sind, wird eine entsprechende Verlängerung der Maßnahme erfolgen.

Durch die Einstufung durch die WHO als Pandemiefall sowie die weiter steigenden Infektionszahlen innerhalb der letzten 24 Stunden sind andere Maßnahmen, die Gefahr ausreichend zu mildern, nicht ersichtlich. Öffentliche Veranstaltungen tragen wesentlich dazu bei, das Virus schneller zu verbreiten. Ferner ist auch die Unmöglichkeit der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten und eine sprunghafte Zunahme von Infektionen in die Abwägung mit einzubeziehen. Die Untersagung von öffentlichen Veranstaltungen ist aus diesem Grund erforderlich.

Mildere Maßnahmen sind aufgrund des Infektionsweges über Tröpfchen nicht gleichermaßen effektiv. Insbesondere ist es nicht ausreichend, die Veranstaltungen unter Anordnung von Auflagen stattfinden zu lassen, da nicht gewährleistet werden kann, dass alle empfohlenen Vorsorgemaßnahmen eingehalten werden können und die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z. B. Händedesinfektion) ausreichend beseitigt wären.

Die Untersagung von Veranstaltungen ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die konkret drohende Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Menschen abzuwehren. Diese Gemeinwohlbelange rechtfertigen das Verbot. Die Gesundheit und das menschliche Leben genießen einen höheren Stellenwert als die allgemeine Handlungsfreiheit. Den zu erwartenden Einschränkungen stehen erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der unkontrollierten und nicht mehr nachverfolgbaren weiteren Verbreitung des Corona-Virus gegenüber. Bei der Abwägung überwiegen die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Hierbei handelt es sich um Rechtsgüter von sehr hoher Bedeutung. Um dem staatlichen Schutzauftrag gerecht zu werden, ist das Verbot unter Abwägung aller beteiligten Interessen daher gerechtfertigt.

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen zahlreiche Infektionen.

Vor dem Hintergrund drastisch steigender Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der weiterhin dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2 Infektionen ist es erforderlich, über die Untersagung von Veranstaltungen hinausgehende-kontaktreduzierende Maßnahmen zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen. Die Maßnahme sind geeignet, zu einer weiteren Verzögerung der Infektionsdynamik beizutragen und daher erforderlich.

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierten Personen kann es leicht zu Übertagungen von Mensch-zu Mensch kommen.

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Abs. 3 i.V.m § 16 Abs. 8 IfSG. Eine Klage hat somit keine aufschiebende Wirkung.

Auf die Strafvorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG wird hingewiesen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

 

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben werden. Die Klage ist beim Verwaltungsgericht Minden (Königswall 8, 32423 Minden oder Postfach 3240, 32389 Minden) schriftlich oder dort zur Niederschrift des Urkundenbeamten der Geschäftsstelle oder durch Übertragung eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO- und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24.11.2017 (BGBI. S. 3803) einzureichen.

Textquelle: Alte Hansestadt Lemgo