Kinderschutz in Corona-Zeiten: „Im Zweifel das Jugendamt einschalten“

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Bad Salzuflen. Geschlossene Schulen und Kitas, Kontaktverbote, gestresste Familien: Von den drastischen Einschränkungen im Zuge der Coronavirus-Pandemie sind viele Kinder und Jugendliche besonders betroffen. Das Jugendamt Bad Salzuflen appelliert an Eltern, Angehörige und Nachbarn, beim Thema Kindeswohl genau hinzuschauen. „Zwar schweißt die Corona-Lage viele Familien zusammen. Eltern und Kinder verbringen mehr Zeit miteinander. Aber es kann auch passieren, dass Konflikte jetzt schneller eskalieren und Kinder Gewalt oder Verwahrlosung erleben“, sagt Dr. Angelika Borgstedt, Leiterin des Jugendamtes. Ein besonderes Risiko gebe es in Familien, in denen psychische Erkrankungen oder Suchtprobleme eine Rolle spielten.

„Klar ist: Das Jugendamt ist auch weiterhin voll erreichbar. Wir gehen jedem Hinweis nach“, betont Fatih Gök, Abteilungsleiter Erziehungshilfen. Unter der Telefonnummer 05222/952-388 oder E-Mail an jugendamt@bad-salzuflen, können sich Eltern melden, die von der aktuellen Situation überfordert sind und Hilfe brauchen. Auch wer den Verdacht hat, dass Kinder leiden oder Angst vor ihren Eltern haben, kann dort anrufen. Hierbei gilt es jedoch Augenmaß zu wahren: Kreischende Geschwister, Getrampel auf dem Boden oder laute Musik in der Nachbarswohnung seien noch lange kein Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung. „Wenn aber die Kinder selbst um Hilfe rufen oder die Eltern sagen: ‚Ich schaffe es nicht mehr‘, dann sollte das Jugendamt einschalten werden – oder im äußersten Fall die Polizei“, macht Gök deutlich.

Die Corona-Pandemie stelle dabei auch das Jugendamt selbst vor neue Herausforderungen. So seien Sozialarbeiterinnen und Familienhelfer meist in getrennten Teams unterwegs, um die Infektionsgefahr zu minimieren, berichtet Dr. Borgstedt. Auch Atemschutzmasken seien wichtig. „Entscheidend ist, dass der Kontakt zu Familien, die bereits vom Jugendamt betreut werden, nicht abreißt. Wo das Kindeswohl einmal in Gefahr war, gehen wir auch jetzt regelmäßig in die Familien, um sicherzustellen, dass es den Kindern gut geht“, so Dr. Borgstedt.

Um bei den Hausbesuchen die Infektionsgefahr möglichst gering zu halten, gehe das Jugendamt auch neue Wege. So kämen verstärkt Video-Chats zum Einsatz, Gespräche würden teils an der Fensterscheibe geführt. „Aber am persönlichen Kontakt zum Kind führt kein Weg vorbei. Das Wohl der Kinder hat für das Jugendamt auch unter widrigen Umständen allerhöchste Priorität“, betont Gök.

Bislang sei allerdings noch unklar, ob die Corona-Krise zu deutlich mehr Notrufen beim Jugendamt Bad Salzuflen führe. Es sind oft die Pädagogen in Schulen und Kitas, die sich mit Verdachtsfällen beim Jugendamt melden. Aber die sehen die Kinder und Jugendlichen aktuell ja nicht. Im vergangenen Jahr bekam das Jugendamt Bad Salzuflen 55 Hinweise auf mögliche Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen. Das Jugendamt kümmert sich dabei um jeden einzelnen Fall. 32 Fälle stuften die Mitarbeiter 2019 als so alarmierend und schwerwiegend ein, dass sie die Kinder und Jugendlichen aus Familien herausholen mussten, um sie zu schützen.

In der aktuellen Krise werde besonders deutlich, wie wichtig die Arbeit der Jugendämter sei, sagt Dr. Borgstedt. „Der Kinderschutz ist eine unverzichtbare Aufgabe in der Gesellschaft – so wie etwa auch die Krankhäuser, die Polizei und die Feuerwehr.

In der aktuellen Situation können die Ferienspiele leider nicht stattfinden. Das ist besonders schade, da sich viele Kinder schon drauf gefreut haben. Dafür erhalten alle Kinder, die bereits angemeldet waren, eine kleine Überraschung des Jugendamtes per Post nach Hause.

Textquelle: Stadt Bad Salzuflen