Der Angels Share liegt über dem Lemgoer Campus

Christian Schulze und Lukas Fuchs freuen sich schon auf das Whisky-Tasting mit ihrem selbst hergestellten Whisky

Christian Schulze und Lukas Fuchs freuen sich schon auf das Whisky-Tasting mit ihrem selbst hergestellten Whisky

Lemgo. Wenn Whisky in Eichenfässern reift, verdunsten dabei ungefähr zwei Prozent des Volumens pro Jahr. Die Flüssigkeit verdampft einfach durch die Fasswände hindurch. Dieser Schwund wird auch „Angel’s share“ (Anteil der Engel) genannt und gilt sozusagen als Tribut für einen guten Tropfen.  Drei Jahre dauert es bis aus dem Destillat Whisky wird. Und warum liegt jetzt genau dieser Dunst über der Hochschule OWL in Lemgo? Ist doch klar – hier wird  zum ersten Mal selbst Whisky gebrannt.

„Wir wollten einfach Mal Whisky machen“, erzählt Christian Schulze, Brauer- und Mälzermeister der Hochschule. Erstmals wurde am Fachbereich Life Science Technologies nun Whisky gebrannt. Denn wer brauen und brennen kann – der kann auch Whisky machen. Dafür wurden lediglich zwei gebrauchte Eichfässer angeschafft, ansonsten konnten die bestehenden Anlagen genutzt werden.

Mit dem Studiengang Lebensmitteltechnologie besitzt die Hochschule ein aussagekräftiges Alleinstellungsmerkmal in NRW und auch die Whiskyherstellung wird aktuell nur hier betrieben. Auf die grundlegende Idee kam Student Lukas Fuchs, damals noch Bachelorstudent der Lebensmitteltechnologie mit der Fachrichtung Getränketechnologie, der gerne eine produktbezogene Abschlussarbeit schreiben wollte. Nach einer ausgiebigen Einarbeitung in das Brennen von Whisky auf theoretischer Ebene und die Ausarbeitung des Brennvorgangs mit den vorhandenen technischen Mitteln innerhalb der Bachelorarbeit sollte es losgehen. Seine Abschlussarbeit thematisierte den traditionellen Herstellungsprozess von Whisky im Vergleich zum an die Hochschule angepassten Verfahren. Die Bachelor-Arbeit ist inzwischen abgeschlossen und Lukas Fuchs studiert im Master Life Science Technologies. Doch eine Frage bleibt: Wie genau wird Whisky an der Hochschule hergestellt?

Bei der Whiskyherstellung wird zunächst gemälztes oder ungemälztes Getreide geschrotet und mit Wasser vermischt, so dass eine klebrige Masse entsteht. Daraufhin wird das Ganze bei verschiedenen Temperaturen erhitzt, damit die in der Masse enthaltenden Enzyme anfangen zu arbeiten und Stärke zu Zucker umgewandelt wird, denn nur so kann eine alkoholische Gärung in Gang gebracht werden. Die Masse kommt dann in einen Läuterbottich, eine Art großes Sieb. Der flüssige Teil fließt dadurch ab und nur der feste Teil bleibt zurück. Die sogenannte Würze wird daraufhin auf zwanzig Grad runtergekühlt und mit Hefe versetzt. Nach sieben Tagen ist die Zuckerlösung zu Alkohol vergoren. Die so entstandene Maische hat zu diesem Zeitpunkt einen Alkoholgehalt von ungefähr sieben Volumenprozent. Die Maische ist der Grundbestandteil für die nachfolgende Destillation und der Brennstart. Das Ganze kommt dann in die Brennblase, wo durch die Destillation Alkohol und Aromastoffe abgetrennt werden: Der Raubrand entsteht, der jetzt einen Alkoholgehalt von 40 Prozent aufweist. Der Raubrand wird daraufhin in einer zweiten Destillation weiter verfeinert und aufkonzentriert. So wird aus dem Raubrand nach und nach ein Feinbrand. Das Destillat wird nun auf 65 Alkohol Volumenprozent verdünnt und die Eichenfässer zur Reifung gefüllt. Die zwei angeschafften Eichenfässer sind bereits gebraucht – das ist so üblich bei der traditionellen schottischen Whiskyherstellung. In den Fässern der Hochschule war vorher Cognac und Bourbon eingelagert, möglich wären aber auch Sherry- oder Madeirafässer. In drei Jahren und einem Tag ist der Whisky soweit – er darf sich offiziell Whisky nennen und endlich richtig verkostet werden.

Und was ist in den drei Jahren mit dem Destillat in den Eichenfässern passiert? Der Alkohol sorgt dafür, dass Farb- und Aromastoffe aus dem Fass gezogen werden. Der Feinbrand ist relativ geschmacksneutral. Über die Fasswände verdunsten Wasser und Alkohol und es dringt Luftsauerstoff ein, so dass Oxidationsprozesse in Gang gesetzt werden. Luftsauerstoff und Aromastoffe reagieren dabei miteinander und so bildet sich der typische Geschmack. Zudem nimmt die Alkoholschärfe ab, so dass nach drei Jahren Einlagerung nur noch 60 Alkohol Volumenprozent enthalten sind, die nach der vollständigen Reifung nochmals auf 40 Prozent verdünnt werden. Das dauert aber noch etwas – solange schwebt der „Angels share“ über den Köpfen der Lemgoer Studierenden und Beschäftigten. „Wir brauen bereits Bier oder brennen Obstmaischen und anderes. Aber das Whiskybrennen ist ein ganz neues Thema für die Hochschule, das haben wir hier noch nie gemacht. Deswegen sind wir umso mehr auf das Ergebnis gespannt“, so Christian Schulze.

Bild- und Textquelle: Hochschule OWL