„Frieda“ schenkte neues Leben

 

Kabel und Maschinen waren vier Jahre lang seine Begleiter – Björn Jockwig überlebte dank Organspende.

Kabel und Maschinen waren vier Jahre lang seine Begleiter – Björn Jockwig überlebte dank Organspende.

Organspende – ja oder nein? Wünsche sollten rechtzeitig festgehalten werden

Lippe-Höxter. Um drei Uhr nachts klopfte es an die Tür des Krankenzimmers. Eine Schwester kam herein und Björn Jockwig hörte die Worte, auf die er vier Jahre lang gewartet hatte: „Björn, wir haben ein Spenderherz für Dich!“ Seit diesem Tag hat sich sein Leben radikal verändert, seit diesem Tag schlägt „Frieda“, wie er sein neues Herz liebevoll getauft hat, in seiner Brust und seit diesem Tag feiern er und Frieda an jedem 3. Juni ihren gemeinsamen Geburtstag. In diesem Jahr fällt er zufällig auf den Vortag des bundesweiten Tages der Organspende, der am ersten Samstag im Juni gefeiert wird.

„Ich habe etwas unglaubliches geschenkt bekommen und ich bin dem Organspender und seiner Familie unendlich dankbar“, erzählt Jockwig. In den zwei Jahren, die seit der lebensrettenden Spende vergangen sind, hat er vielen Leuten seine Geschichte erzählt, informiert, klärt auf. Nicht um zu missionieren, wie er sagt, sondern um die Menschen zu sensibilisieren und zu ermuntern, sich rechtzeitig Gedanken darüber zu machen, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden wollen oder nicht. Er zeigt auf den bekannten Organspende-Ausweis der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: „Sie können hier auch ‚nein‘ ankreuzen, dann kennen die Ärzte und vor allem die Angehörigen Ihre Wünsche und müssen diese schwierige Entscheidung nicht selbst fällen.“

Auch Daniel Fischer, Regionalverbandsarzt der Johanniter-Unfall-Hilfe in Lippe-Höxter, rät dazu, sich rechtzeitig Gedanken zu machen und seine Wünsche mitzuteilen. „Tritt der Hirntod erst ein und der geliebte Mensch hängt an Maschinen, dann ist das für die Angehörigen eine Ausnahmesituation. Jetzt auch noch mit der Frage der Organspende konfrontiert zu werden, ist eine Überforderung“, weiß Fischer. Er betont, dass die Entscheidung zur Organspende jederzeit problemlos rückgängig gemacht werden kann. „Man muss einfach nur den Organspende-Ausweis aus der Geldbörse nehmen. Das reicht! Denn es gibt keine Datenbank für Spendenwillige, es zählt allein eine kurze schriftliche Zustimmung oder auch nur, denn Angehörigen zu sagen, was man will“, erklärt der 41-Jährige. Außerdem können auch einzelne Organe von der Spende ausgeschlossen werden.

Erst 28 Jahre war Björn Jockwig alt, als er sich immer kränker und schlapper fühlte, er schwer Luft bekam und einen ständigen Druck auf der Brust fühlte. Erst als seine damalige Freundin, mit der er heute verheiratet ist, nicht locker ließ, ging der zum Arzt. Die Diagnose kam als Schock: Jockwigs Herz war um das Vierfache vergrößert. „Die Ärzte stellten mich auf den Kopf, untersuchten mich von Kopf bis Fuß und sagten, dass ich über kurz oder lang ein neues Herz brauchen würde. Da brach eine Welt für mich zusammen“, erinnert er sich. Schnell folgte die erste Operation: Jockwig bekam einen Defibrillator eingesetzt, der im Gefahrfall dem Herz automatisch einen Stromstoß versetzt. Trotz dieser Hilfe, änderte sich Jockwigs Leben grundsätzlich. Vielen Hobbys, die er vorher geliebt hatte, wie der ehrenamtliche Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr, waren nun zu anstrengend, Treppen und längere Spaziergänge waren Herausforderungen. Auch seine Selbstständigkeit als Garten- und Landschaftsbauer musste er aufgeben.

In dieser Zeit fand er einen neuen Job beim Regionalverband der Johanniter-Unfall-Hilfe Lippe-Höxter als Fahrer im Kassenärztlichen Notdienst. „Ich wurde damals eingestellt, obwohl meine Krankheit bekannt war. Dafür bin ich sehr dankbar!“, erzählt Björn Jockwig. Auch in der Zeit danach, als sich sein Zustand immer weiter verschlechterte, gab ihm die Gewissheit eine Aufgabe zu haben, Halt. „Es gibt so viele Menschen, die in der Zeit zu mir gehalten, mich unterstützt haben. Ohne den Rückhalt meiner Familie, Freunde und Kollegen würde ich heute nicht mehr leben“, ist er sich sicher.

Der Leidensweg von Björn Jockwig ist lang. Vier Jahre voller Höhen und Tiefen, immer mit dem Wissen, dass es irgendwann auch vorbei sein, dass er sterben kann, bevor ein Spenderherz gefunden wird. Zwischenzeitlich liegt er fünf Monate in der Klinik. Als seine Herzleistung nur noch bei lebensbedrohlichen fünf Prozent liegt, wird er notoperiert und bekommt ein Herzunterstützungssystem eingesetzt. Fortan lebt er mit einem Kabel, das aus seiner Bauchdecke rauskommt, und trägt eine Blutpumpe vor seinem Bauch und zwei Akkupaketen an seinen Hüften. Trotzdem sagt er: „Über die ganze Zeit haben wir mehr gelacht als geweint. Sie hat mich stark gemacht und mich vieles gelernt.“

Eine Zeitlang geht es ihm gut mit dem neuen Unterstützungssystem. Dann infiziert es sich, Jockwig muss wieder für Monate in die Klinik. Jetzt sind alle Alternativmöglichkeiten ausgeschöpft, es hilft nur noch ein Spenderherz. „Bevor ich in die Klinik gegangen bin, habe ich zu Hause noch alles geregelt. Ich wusste, dass es diesmal vielleicht nicht gutgehen könnte.“ Er darf das Klinikgelände nicht verlassen, denn jede Minute könnte der ersehnte Anruf kommen. Drei Monate wartete er, bis es um drei Uhr nachts an seine Tür klopfte und mit Frieda ein neues Leben begann.

Weitere ausführliche Informationen zur Organspende und den Organspende-Ausweis gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter www.bzga.de

Bild- und Textquelle: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.