Preisbindung für ausländische Versandapotheken aufgehoben – Folgen für Apotheken und Verbraucher

Bildquelle: Pixabay

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In Deutschland gibt es bereits seit Jahrzehnten eine Preisbindung bei rezeptpflichtigen Medikamenten. Dieser starke Eingriff in den Marktmechanismus soll sicherstellen, dass die Preise, die Endverbraucher für wichtige Medikamente in der BRD zahlen müssen, niedrig bleiben.

Mitte Oktober 2016 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) jedoch, dass diese Regelung anders als bislang nicht für Versandapotheken gelten dürfe, die verschreibungspflichtige Medikamente aus einem anderen Staat der EU nach Deutschland verschicken. Ausländische Versandapotheken haben nun die Möglichkeit beispielsweise durch Bonus-Programme verschiedene Rabatte für Verbraucher zu gewähren.

Was bedeutet das Urteil für (Versand-) Apotheken in Deutschland und der EU?

Eines der wichtigsten Prinzipien im europäischen Binnenmarkt ist der gleiche Zugang von Unternehmen zu den Märkten in allen Mitgliedsstaaten.

Der Zugang zum Markt der Bundesrepublik sei für ausländische Versandapotheken durch die deutsche Preisbindung jedoch eingeschränkt und verstoße somit gegen geltendes europäisches Recht, so der EuGH.

Bei hiesigen Apothekern trifft das Urteil des Europäischen Gerichtshof dagegen auf wenig Verständnis: trotz des Urteils dürfte die Preisbindung für sie nämlich auch in Zukunft weiterhin gelten, weshalb sie nun insbesondere den Konkurrenzkampf mit niederländischen Versandapotheken fürchten.

Apothekerverbände aus Deutschland forderten nun sogar ein Verbot des Versands verschreibungspflichtiger Medikamente, um nicht wirtschaftlich noch weiter unter Druck gesetzt zu werden. Sie begründeten dies mit dem Versorgungsauftrag der Apotheken, der bloßen Marktmechanismen nicht geopfert werden dürfe.

Welche Vor- und Nachteile könnten für den Endverbraucher entstehen?

Durch die Preisbindung spielte es für den Endverbraucher bisher keine Rolle, in welcher Apotheke er seine Arzneimittel erwarb.

Auf den vom Pharmaunternehmen festgelegten Preis kamen ein Apothekeraufschlag in Höhe von 3 Prozent und eine sogenannte Packungspauschale von etwa 8 Euro – das Resultat ist ein einheitlicher Preis für verschreibungspflichtige Medikamente in Deutschland.

Großer Profiteur der Preisbindung dürften die hiesigen Apotheker gewesen sein, die ihre Umsätze innerhalb der letzten 20 Jahre knapp verdoppeln konnten. Zudem kamen Untersuchungen verschiedener Ökonomen zu dem Schluss, dass insbesondere verschreibungspflichtige Medikamente teilweise deutlich teurer sind als in den europäischen Nachbarstaaten, da hierzulande bedingt durch die Preisbindung kein Preiswettbewerb stattfinde.

Die Kosten im solidarischen Gesundheitssystem der Bundesrepublik hängen nicht unmaßgeblich auch von den Arzneimittelpreisen ab, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Deutsche Krankenkassen könnten ihre Mitglieder dazu motivieren, Medikamente günstiger bei Versandapotheken aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zu bestellen. Dies könnte den Wettbewerbsdruck auf deutsche Apotheker erhöhen, die sich letztendlich für eine Abschaffung der Preisbindung einsetzen könnten.

Im besten Fall hätte dies günstigere Medikamentenpreise in Deutschland, somit niedrigere Ausgaben für die Krankenkassen und daraus resultierend niedrigere Krankenkassenbeiträge zur Folge.

Es gibt aber auch Kritik an der Idee, den Wettbewerb zwischen Apotheken derart zu fördern: Stünden beispielsweise aufgrund einer geringeren Produktion oder einer gesteigerten Nachfrage nicht allen Apotheken die benötigten Medikamente in ausreichender Menge zu Verfügung, könnten größere Anbieter ihre Marktmacht ausnutzen, um den Preis der Medikamente systematisch zu erhöhen.

Ein derartiges Szenario ist zwar nicht wahrscheinlich, kann jedoch nicht vollkommen ausgeschlossen werden.