Das deutsche Rechtssystem nicht links liegen lassen

Foto: Zu Gast in seiner Heimat Richterbund-Vorsitzender Jens Gnisa (Mitte) mit der CDU Lippe-Vorsitzenden und Bundestagskandidatin Kerstin Vieregge (li.) und dem CDU Landtagskandidaten Walter Kern.

Vorsitzender des Deutschen Richterbundes spricht auf Einladung der CDU Lippe in Lemgo

Lemgo. Tut sich was in Sachen Innere Sicherheit? Ist unsere Justiz den aktuellen Herausforderungen gewachsen? Diese Fragen stellte CDU Lippe-Vorsitzende und Bundestagskandidatin Kerstin Vieregge angesichts der gerade erschienenen Kriminalitätsstatistik am Dienstagabend einem kompetenten Referenten. Jens Gnisa, Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und Vorsitzender des Deutschen Richterbundes war auf Einladung der CDU Lippe zu Gast in seiner lippischen Heimat. Vor vollem Haus beantwortete der aus Talkshows bekannte Richter die von ihm selbst gestellte provokante Frage: „Ist das deutsche Rechtssystem im Sinkflug?“

144 Einbrüche pro Tag in NRW. „Das sind so viele wie in sechs weiteren Bundesländern zusammen“, kommentierte Kerstin Vieregge die in diesen Tagen erschienenen aktuellen Kriminalitätszahlen und spielte mit der Frage „Ist die Gesetzgebung zu lasch? Sollte man auf Strafe oder auf Prävention setzen?“ den Ball zum Referenten des Abends: Richter Jens Gnisa.

Als Direktor des Bielefelder Amtsgerichts mit 50 Richtern und 270 Beschäftigten ist Gnisa, wie er sich selbst beschreibt „ein Mann an der Basis“, der sich auch nicht scheut, in sogenannte „No go Areas“ zu gehen. Seit einem Jahr ist der Bad Meinberger Vorsitzender des im Jahr 1909 gegründeten Deutschen Richterbundes mit 16.000 Richtern und Staatsanwälten. In dieser Funktion und durch seine Fernsehauftritte ist Gnisa ein Mann der Öffentlichkeit, der mit den Sorgen der Bürger konfrontiert wird.

„Der Flüchtlingsstrom, Köln 2015 und 2016, das Vollzugsdefizit mit 150.000 offenen Haftbefehlen, die langen, bei Wirtschaftsstrafkammern im Durchschnitt 17 Monate dauernden Gerichtsverfahren, die als zu milde empfundenen Raser-Urteile und das anhand prominenter Beispiele festgemachte Gefühl, Gerechtigkeit sei käuflich, macht dem Bürger Sorgen“, beschreibt Gnisa und räumt ein: „Bedingt durch die Globalisierung steht die deutsche Justiz vor großen Schwierigkeiten“. Als Beispiel nannte Gnisa drei unabhängige Gerichtshöfe, die sich auf Bundes- und europäischer Ebene mit Inhalten der Grundrechte beschäftigten.

Auf der anderen Seite fehlten, so Gnisa, in Deutschland rund 2000 Richter und Staatsanwälte. Lediglich 0,41 Prozent vom Brutto-Sozialprodukt werde derzeit in das Rechtssystem in Deutschland investiert. „Ich würde am Amtsgericht Bielefeld gern, gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Prävention weiterer Straftaten mehr Richter für beschleunigte Verfahren einsetzen“, so Gnisa. Aber bei 1.200 Verfahren, die ein NRW-Jugendstaatsanwalt pro Jahr zu bearbeiten habe, fehle es schlicht an Personal und an anderer Stelle an Ausstattung.

Zu Letzterer zählt Gnisa auch die von den Grünen bislang abgelehnte Vorratsdaten-Speicherung, die er als hilfreiches Mittel bei der Bekämpfung von Einbruchsdiebstählen wertete. „85 Prozent der Kommunikation in Verbrecherkreisen läuft heute über Whats App-Foren, auf die wir keinen Zugriff haben“, so Gnisa, der die Argumente der „Bedenkenträger“ zum „gläsernen Menschen“ vor dem Hintergrund der Sicherheit nicht verstehen kann. Gnisa: „Früher wurden Briefe oder Telefonate geführt, die überwacht werden durften. Wir wollen einfach nur die Kontrollmöglichkeiten zurück, die wir hatten – auf dem modernen Stand der Technik“.

Die Politik fordere immer mehr Gesetze. Das Problem ist für Gnisa aber nicht ein Mangel an Gesetzen oder Gesetzeslücken, sondern Probleme in der Umsetzung dessen, was er als unabdingbar ansieht: die konsequente Rechtsanwendung.

Aber, so Gnisa abschließend: „An der mittlerweile von allen Parteien geführten Debatte zur Inneren Sicherheit sehe ich, dass unser Rechtssystem nicht mehr links liegen gelassen wird“.

Nach einer angeregten Zuschauer-Diskussion, in der Gnisa alle Fragen fachkompetent und umfassend beantwortete, versprachen CDU Lippe-Vorsitzende Kerstin Vieregge und MdL Walter Kern: „Wir werden den Dialog mit Fachleuten weiter führen. Die CDU tritt bei der Landtagswahl an, um etwas zu bewegen. Dazu gehört auch die berechtigte Forderung einer höheren Personalquote bei Justiz und Polizei“.

Bild- und Textquelle: CDU Kreisverband Lippe