Digitaler Kreisverbandstag der Landwirte

„Unser tägliches Brot gib uns morgen – zu diesem Thema diskutierten (v li. nach re.) Referent Prof. Rainer Barnekow, Kreisverbandsvorsitzender Dieter Hagedorn und Moderator Heinz Georg Waldeyer

Prof. Barnekow: Kampf um Süßwasser und Agrarflächen

„Unser tägliches Brot gib uns morgen – Die globale Herausforderung an die Landwirtschaft“: Um dieses Thema drehte sich der digitale Kreisverbandstag der Landwirte in Lippe am Freitag (25. Februar 2022). Prof. Rainer Barnekow von der Technischen Hochschule OWL in Lemgo – Life Science Technologies – Lebensmittelproduktion gab in seiner eloquenten Art einen Überblick zu einer breit aufgestellten Thematik. Moderiert wurde die Veranstaltung von Heinz Georg Waldeyer, Redakteur des Wochenblattes für Landwirtschaft und Landleben.

EU wird sich von Export- zu einer Importregion entwickeln

Kreisverbandsvorsitzender Hagedorn stellt gleich zu Beginn in den Raum: „Ist es nicht fragwürdig, die Landwirtschaft in einer Gunstregion wie unserer, zu extensiveren, bei einer weiter stark steigenden Weltbevölkerung, einer Milliarde Menschen, die auf der Welt Hunger und zwei Milliarden Menschen, die an Mangelernährung leiden?“ Falls die Europäischen Union (EU) die GAP- Gemeinsame Agrarpolitik ihre Pläne so umsetze, „wird sich die EU von einer Export- zu einer Importregion entwickeln. Wir werden dann weiteren Hunger exportieren“, so Hagedorn, „Unsere positiven Umwelteffekte werden sich dann wahrscheinlich anderen Orts mehr als aufheben.“

Lage vieler Bauernfamilien ernst

Weiter beschreibt der Vorsitzende in seiner Eröffnung: „Die Lage vieler Bauernfamilien ist ernst. „Sie stehen einer Fülle an systemverändernden Herausforderungen gegenüber, die mit enormen Anstrengungen und Einbußen für unsere Höfe verbunden sein werden“, erklärt Hagedorn. Zudem sei die Lage der Schweinebauern desaströs. Die Milchbauern blickten zwar auf eine positivere Marktsituation, allerdings stünden sie ebenso vor großen Herausforderungen. Des Weiteren sei die aktuelle Preisentwicklung bei der pflanzlichen Erzeugung zwar sehr positiv, würde aber von der allgemeinen Kostensteigerung, insbesondere der hohen Energie- und Düngerpreise, aufgefressen.

Diese Situation gibt auch Bauernpräsident Hubertus Beringmeier in seiner agrarpolitischen Standortbestimmung wieder. „Große Ziele wie der Klimaschutz, der Ruf nach Innovationen sowie der gesamte Umbau der Tierhaltung stehen auf der Liste der Ampel-Regierung“, erläutert Beringmeier. Allerdings fehlten Antworten, wie die Bauernfamilien das Ganze finanziell schaffen könnten. „In den Fragen der Finanzierung des Umbaus, des Tierwohls, der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sowie dem Pflanzen- und Insektenschutz muss noch viel konkretisiert werden“, betont der Präsident. Von Nöten sei für die Landwirtsfamilien außerdem eine bevorzugte Baugenehmigung für Ställe, um Tierwohlauflagen überhaupt erfüllen zu können. „Leider klafft hier bei den Verbrauchern zwischen dem Wunsch nach mehr Tierwohl und der Bereitschaft mehr Geld auszugeben, eine große Lücke“, berichtet Beringmeier.

Getreide- und Ölsaatenpreise positiv entwickelt

In seinem Überblick erläutert Beringmeier, dass sich für die Ackerbauern die Getreide- und Ölsaatenpreise im letzten Jahr nach langer Zeit wieder positiv entwickelt hätten. „Nach einem kleineren Rücksetzer steigen die Preise aktuell wieder, da der Weltmarkt auf die Ukraine-Krise reagiert“, sagt Beringmeier. Denn die Ukraine sei einer der wichtigsten Getreideexporteure weltweit. Und die globalen Lagerbestände von Getreide seien seit Jahren erstmals gesunken.

Kampf um Süßwasser und Agrarflächen

Der Referent Prof. Rainer Barnekow hebt in seinem Vortrag hervor, dass die weltweiten, klimatischen und sozialen Veränderungen zu einem neuen Anforderungsspektrum hinsichtlich Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft führen würden. „Das Gleichgewicht zwischen ökologischer Verantwortung und finanziellem Überleben der Höfe wird im globalen Wettbewerb eine elementare, existenzielle Herausforderung werden“, betont der Professor. Er geht noch weiter: Die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft werde der entscheidende Faktor zum wirtschaftlichen Erfolg eines Landes werden. „War einst der Zugang zu Rohstoffen und Bodenschätzen wie Ölquellen Anlass für politische Spannungen, so sind es jetzt die Ressourcen Süßwasser und Agrarflächen“, prognostiziert Prof. Barnekow.

Bild- und Textquelle: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband